Linz fährt frei
Eine Kampagne der Linzer KPÖ

Medieninformation zum Start der Kampagne

Start NewsDas Ergebnis einer Volksbefragung in Tallin, in der Hauptstadt von Estland ab 2013 Freifahrt auf öffentlichen Verkehrsmitteln einzuführen, hat die Debatte über den Nulltarif auch in Österreich aktualisiert.

„Steigende Spritpreise, verstopfte Straßen, Stau, Abgase, Lärm - der Autoverkehr stößt unübersehbar an seine Grenzen. Alternativen sind angesagt, die Zukunft gehört dem öffentlichen Verkehr“ meint KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn. Auch die Diskussion über Pendlerpauschale, City-Maut, Park+Ride und Parkgebühren bestätigt die Aktualität der Freifahrt als Alternative zur gängigen Verkehrspolitik.
Daher hat die Linzer KPÖ, beginnend mit 1. Mai 2012, die Kampagne „Freifahrt für alle“ für die kostenlose Beförderung auf allen Linzer Linien unter dem Titel „Linz fährt frei“ gestartet deren 1. Phase bis Ende Juni läuft. Dazu gibt es als Werbemittel Flyer, Plakate, Buttons, Aufkleber und eine Broschüre, weiters eine Online-Petition und Inseratenschaltungen, geplant sind Verteilaktionen, Infostände, eine Freifahrt-Aktion mit einer Straßenbahn, eine Abschlussparty und andere Aktivitäten.

Mobilität als Grundrecht, der soziale Aspekt

Mobilität ist ein Grundrecht und Teil eines guten Lebens, unabhängig vom Einkommen. Die KPÖ versteht darunter allerdings nicht die Mobilität des uneingeschränkten Autoverkehrs: „Zum Umsteigen vom Auto auf Öffis sind Anreize notwendig. Die Freifahrt ist ein solches Angebot, damit gibt es keine Ausrede mehr nicht umzusteigen“ meint Michael Schmida, Verkehrssprecher der Linzer KPÖ.
Laut Verkehrsclub Österreich (VCÖ) fährt das oberste Viertel der Einkommensbezieher vier Mal mehr mit dem Auto. 60 Prozent der Haushalte, die dem unteren Einkommensviertel angehören aber nur vier Prozent der reicheren Haushalte besitzen gar kein Auto. Wer weniger verdient, legt also einen höheren Anteil der Wege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück. Jedoch leiden Finanzschwache um ein Vielfaches stärker an Lärm und Abgasen.
Wie erst jetzt wieder aufgezeigt wurde, ist das derzeitige System der Pendlerpauschale mit 600 Mio. Euro Steuerausfall sehr unsozial, weil es hohe Einkommen begünstigt, während Menschen mit geringem Einkommen kaum etwas davon haben.
Autofahren ist nach wie vor vorwiegend männlich bestimmt, während der Großteil der Frauen auf Öffis angewiesen ist, was mit geringerer Motorisierung und geringeren Einkommen zusammenhängt. Ebenso sind aus ähnlichen Gründen MigrantInnen und Jugendliche überdurchschnittlich auf den ÖV angewiesen.
Nicht zu vergessen ist, dass „Schwarzfahren“ teilweise härter bestraft wird als ein Ladendiebstahl, davon betroffen sind durchwegs Menschen mit geringem Einkommen. Eine Gegenüberstellung von Kosten und Ergebnis der Kontrollen wird wahrscheinlich zeigen, dass Fahrscheinkontrollen und Strafen bei Schwarzfahren eigentlich ein Instrument der Abschreckung und Züchtigung sind.

Der ökologische Aspekt

„Der flächenfressenden Zersiedlung und den Einkaufszentren an der Peripherie der Städte als Verkehrserreger muss entgegengewirkt, die regionale Nahversorgung durch ein durchdachtes System öffentlicher Verkehrsmittel auch auf dem Land erhalten werden“, so KPÖ-Verkehrssprecher Michael Schmida.
Das Angebot der Freifahrt auf Öffis ist damit auch die Voraussetzung um mehr Lebensqualität in Stadt und Land zu schaffen. Auch Linz Linien-Vorstandsdirektor Waldhör räumt ein, zu dass Freifahrt zehn Prozent mehr Fahrgäste bringen würde.

Expertenmeinungen und internationale Beispiele

Die oö Umweltanwaltschaft verlangt für die Landtagsperiode 2009 bis 2015 unter anderem Kostenanreize „bis zur Gratisnutzung“ für den öffentlichen Verkehr zu schaffen. Drei Tonnen CO²-Ausstoss pro Person wären klimaverträglich, derzeit es jedoch elf Tonnen im Jahr.
Laut Feststellung der Regulationsbehörde E-Control werden öffentliche Verkehrsmittel ohnehin zu 70 Prozent von der Bevölkerung bezahlt, egal ob die Menschen welche benutzen oder nicht und sie plädiert für eine Verhaltensänderung in Richtung Freifahrt.
Und es gibt bereits internationale Beispiele für die Freifahrt: In Städten in Belgien, Frankreich und Australien wurde Freifahrt in unterschiedlicher Form eingeführt. In Tallin (Estland) wird es nach einer Volksabstimmung ab 2013 Freifahrt geben.

Freifahrt ist finanzierbar

Kostenwahrheit ist eine Voraussetzung um den Vorzug des öffentlichen vor dem Individualverkehr auch aus wirtschaftlicher Sicht deutlicher zu machen. Dem Autoverkehr werden enorme, von der Allgemeinheit aus Steuergeldern getragene Mittel – zum Beispiel für die Straßenerhaltung oder Unfallfolgekosten – nicht zugerechnet.
Für die Linzer KPÖ ist klar, dass Freifahrt nur durch eine bewußte Umschichtung möglich ist. Der Autoverkehr soll durch angemessene Parkgebühren, City-Maut und Roadpricing mit entsprechender Zweckbindung zugunsten des ÖV, Reduzierung von Parkplätzen, Einrichtung von Busspuren etc. reduziert werden.
Eine Verkehrsabgabe der Unternehmen nach dem Muster der Wiener U-Bahnsteuer, wonach ein bestimmter Betrag pro Beschäftigten, besser aber nach Wertschöpfung bemessen, für die Finanzierung des ÖV ist notwendig. Auch die Erträge aus der Mineralölsteuer oder anderer Kfz-bezogener Steuern sowie aus einer flächendeckenden LKW-Maut müssen in einem bestimmten Ausmaß zugunsten des ÖV umgeschichtet werden. Durch Reduzierung des Baus neuer Autobahnen, Schnellstraßen oder Umfahrungen können Steuermittel für den für eine Freifahrt notwendigen Ausbau von Öffis freigeschaufelt werden.
Denkbar wäre aber auch ein Modell, bei dem ähnlich wie bei der Sozialversicherung, neben Unternehmensbeiträgen auch ein kleiner Beitrag der Beschäftigten zur Finanzierung des ÖV eingehoben wird. Im Gegenzug können derzeitige Aufwendungen für Pendlerpauschalen, Pendlerzuschüssen etc. reduziert oder ganz gestrichen werden.

Politische Entscheidung

Der Linzer KPÖ ist auch bewusst, dass nicht ein einzelnes Verkehrsunternehmen aus eigener Kraft eine Freifahrt einführen wird, sondern dies politische Entscheidungen und eine Änderung der Verkehrspolitik voraussetzt.
Für die KPÖ ist aber auch selbstverständlich, dass Freifahrt eine politische Entscheidung ist und dies wiederum das öffentliche Eigentum der entsprechenden Verkehrsunternehmen erfordert: „Wir lehnen daher alle Bestrebungen einer Privatisierung ebenso ab wie die auf EU-Ebene forcierte Liberalisierung und bekennen uns auch zur Querfinanzierung, etwa aus Gewinnen im Stromgeschäft zur Defizitabdeckung im Nahverkehr“, so Schmida.

Stellenwert der Kampagne

„Die KPÖ betrachtet die Freifahrt analog wie die von ihr vertretene Forderung nach einer Energiegrundsicherung als Teil einer Mindestsicherung, wobei bewusst ökologische und soziale Aspekte miteinander verknüpft werden“, meint Gemeinderätin Grünn.
Die Kampagne erhebt nicht den Anspruch ein fertiges Konzept für Freifahrt vorzulegen, sondern ist im Sinne von „Work in Progress“ als Anstoß für einen Bewusstseinsbildungs- und Diskussionsprozess zu diesem Thema gedacht: „Auch ist uns bewusst, dass für eine Freifahrt zahlreiche Fragen im Zusammenhang mit dem überörtlichen Verkehr, dem Ausbau der Öffis und der Finanzierung zu lösen sind“, so Schmida.
Daher sieht die Linzer KPÖ auch Teilschritte als wichtig an, welche den öffentlichen Verkehr attraktiver und billiger machen, etwa der Ausbau des Jobtickets. Ebenso das im Zusammenhang mit dem Aktivpass angebotene 10-Euro-Ticket als wichtigen Ansatz in diese Richtung.
„Auf alle Fälle müssen Öffi-Tickets billiger und nicht teurer werden! Die KPÖ fordert daher als ersten Schritt einen Tariferhöhungsstopp für Öffis“, fordert Schmida. Durch hohe Treibstoffpreise entstehende zusätzliche Kosten-Attraktivität der Öffis darf nicht gleich wieder durch ein „Nachziehen“ zunichte gemacht werden.
Mit der Kampagne wird auch eine Auseinandersetzung mit Pro- und Kontra-Argumenten zum Thema Freifahrt angestrebt. Dementsprechend fand bereits in der Vorbereitung der Kampagne ein „Runder Tisch“ mit Menschen aus Verkehrs- und Sozialinitiativen statt.
Dieses Positionspapier ist noch kein fertiges Konzept, sondern ein Denkanstoß für einen Diskussionsprozess. Daher ist die Linzer KPÖ sowohl an Argumenten, welche die Absicht einer Freifahrt unterstützen interessiert wie auch an Bedenken und Einwendungen zur Freifahrt: „Freifahrt ist ökologisch, weil gut für die Umwelt. Freifahrt ist sozial, weil ein Angebot für alle. Freifahrt ist machbar, wenn politisch gewollt“, so KPÖ-Gemeinderätin Gerlinde Grünn.

Zum Abschluss vier Zitate zum Thema Freifahrt

„Den Nulltarif wollte ich schon immer“, Bgm. Franz Dobusch, Österreich, 8.5.2011
„Die Verkehrswünsche der Gemeinderätin Grünn spotten jeder Beschreibung. Eine kostenlose Benützung der Bim wird es mit der ÖVP nicht geben“, ÖVP-Gemeinderat Ernst Murauer, 16.12.2010
„Ein interessanter Ansatz“, VBgm. Erich Watzl (ÖVP), l)inzider, Mai 2012
„Net alles was an Wert hat muass a an Preis ham, aber mach des amal wem klar“, Wolfgang Ambros in „A Mensch mecht i bleib'n“

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