Die Meldung kam aus der flämischen Stadt Hasselt und sorgte selbst im Nachbarland Holland für Aufsehen. Was sie da in der Zeitung lasen, verblüffte die niederländischen Nachbarn so sehr, daß sie, allein oder in Gruppen, spontan nach Belgien reisten, um sich mit eigenen Augen zu überzeugen.
Inzwischen haben auch Japaner, Deutsche und Franzosen nachgeschaut und festgestellt: Es stimmt!
In Hasselt kann keiner mehr schwarzfahren. Im 15-Minuten-Takt fahren Busse durch die Stadt und um die Stadt, und kein Mensch braucht einen Fahrschein.
Als die fremde Besucherin mit den üblichen Reflexen nach dem Geldbeutel greift, lächeln die Fahrgäste ringsum. Die öffentlichen Verkehrsmittel von Hasselt sind für alle kostenlos, denn hier, im "kommerziellen Herzen" der flämischen Provinz Limburg, ist die kleine Transportrevolution ausgebrochen.
Und locker überrollt sie alle Warnungen von Experten, die behaupten, durch Gratisbusse, durch kostenlosen öffentlichen Nahverkehr, lasse sich kein einziges Problem unserer unwirtlichen Städte lösen.
Unter den Busfahrern und Trambahnkondukteuren, die auf den verstopften Straßen von Antwerpen und Lüttich oder auf der Autobahn von Amsterdam nach Schiphol mit halb oder ganz leeren Wagen weiterhin im Stau stehen, ist die "Hasselter Lösung" längst ein geflügeltes Wort. In den Kreisen von Milieuaktivisten, Literaten und Intellektuellen, die sich in Belgien um eine "Neue politische Kultur" bemühen, gilt der Bürgermeister von Hasselt inzwischen als ein genialer Querdenker, der vormacht, wie man erstarrte Verhältnisse wieder in Bewegung bringt.
Hundertfünfzig Jahre lang hatten in den ehrwürdigen Hallen des alten Rathauses von Hasselt nur Christdemokraten regiert. Als die Stadt 1994 kurz vor dem finanziellen Ruin stand, übernahm in der Stunde der Not ein linker Sozialdemokrat mit grünen Gedanken das Amt. Steve Stevaert, der ahnungslosen Besuchern vergnügt erklärt, er sei nicht der Sohn des Bürgermeisters, sondern der Bürgermeister selbst, sieht aus wie 28, ist tatsächlich 43 Jahre alt und wirkt seit dem 3. Januar 1995 als der große Inspirator in diesem belgischen Lehrstück über das, was alles laufen kann, wenn nichts mehr geht.