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Der erste Eisenbahnzug der Welt fuhr vor genau 201 Jahren, im Sommer 1808 in London – allerdings nur im Kreis, als Attraktion auf dem dortigen Jahrmarkt. Nicht weit von der Stelle, an der heute der Bahnhof Euston steht, hatte der Tüftler Richard Trevithick, der sich später der Erfindung von Dreschmaschinen und Schwimmdocks widmete, seine Dampflokomotive zur Publikumsbelustigung aufs Gleis gesetzt. Man amüsierte sich.
Begeistert aber war das Publikum erst am 27.September 1825, als in Nordengland die erste Bahnlinie eröffnet wurde. Sie führte über 40 Kilometer von den Kohlebergwerken bei Shildon bis in die Hafenstadt Stockton-on-Tees an der Nordseeküste. Noch Wochen später wollte der Beifall für George Stephensons Locomotion No.1 nicht abebben, die mit einer Höchstgeschwindigkeit von 20 Kilometern pro Stunde über die Schienen rollte. Ein neues Zeitalter hatte begonnen, das Zeitalter der Eisenbahn.
England wurde zum Vorbild. Die Spurweite von 1435 Millimetern ist als "Normalspur" in den meisten Ländern Europas, in den USA und selbst in China Standard geworden. Auch bei der ersten, nur neun Minuten dauernden Zugfahrt per Dampfkraft in einem deutschen Staat waren die britischen Einflüsse nicht zu übersehen: Die Lokomotive Adler, die am 7. Dezember 1835 von Nürnberg nach Fürth rollte, stammte aus Stephensons Fabrik in Newcastle upon Tyne, der Lokführer war ebenfalls eigens von dort angereist.
Kapitalisten, Sozialisten – alle glauben an die Macht der Bahn
Die allerersten englischen Eisenbahnen waren Industriebahnen und noch kein öffentliches Verkehrsmittel im heutigen Sinne. Das zeigte sich schon bei der Premiere. "Sechs mit Kohle beladene Güterwagen, der erste und einzige Personenwagen für die Ehrengäste, einundzwanzig extra mit Sitzbänken ausgestattete [eigentliche Kohle-]Wagen und schließlich abermals sechs Kohlewagen" – so sah der Zuglauf auf der Jungfernfahrt 1825 aus.
Die Stockton & Darlington Railway Company hatte das Ganze finanziert, und es waren weiterhin private Unternehmer, die Großbritanniens Bahnstrecken planten, bauten und unterhielten. Auch die erste "Inter-City"-Verbindung 1830 zwischen dem Textilzentrum Manchester und der 56 Kilometer entfernten Hafenstadt Liverpool gehörte einer privaten Gesellschaft. Selbst auf dieser Strecke führten die Züge überwiegend mit Baumwollballen beladene Güterwagen; Personenwaggons blieben rar im industriellen Zentrum des modernen Kapitalismus. Ein Arbeiter konnte sich die sieben Shilling für eine einfache Fahrt ohnehin kaum leisten, war das doch mehr, als er in der Woche verdiente.
Aber auch der Reiseverkehr nahm schließlich zu. Die Bahn wurde immer schneller, da konnte keine Kutsche mithalten. Gegen Ende des Jahrhunderts war man bei 150 Kilometern pro Stunde angekommen. Und die Bahn bürgte im Gegensatz zu jedem anderen damaligen Verkehrsmittel für Pünktlichkeit. "So sicher, wie die Sonne am nächsten Morgen aufgehen würde, so sicher würde der 10-Uhr-Scotch-Express von den Bahnhöfen in London-Euston und King’s Cross abfahren", schreibt der Bahnhistoriker Jonathan Glancey.
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Im 19. Jahrhundert wurden die Bahngesellschaften das, was zu Beginn des dritten Jahrtausends Internetfirmen waren – das Schienengeschäft galt als die absolute Boombranche. Allein im Jahr 1846 fasste das britische Unterhaus nicht weniger als 272 Parlamentsbeschlüsse, um neue Gesellschaften aus der Taufe zu heben – die Gründung setzte eine Art Lizenz voraus – und das Land mit einem engmaschigen Schienennetz zu überspannen. Dabei verfolgten die Abgeordneten eine rigorose Laisser-faire-Politik. Weder begrenzten sie die Zahl der Gesellschaften, noch prüften sie die Bilanzen. So wundert es nicht, dass sich etliche train operating companies als reine Spekulationsprojekte entpuppten und rauschend untergingen.
Dennoch wuchs das Schienennetz rasant. Auch auf dem Kontinent: Drei Viertel des europäischen Bahnnetzes wurden zwischen 1850 und 1890 gebaut. Am Ende des Ersten Weltkriegs maßen die Schienenstränge in Großbritannien 38.200, in Frankreich 51.400 und in Deutschland 65.000 Kilometer.
Nicht nur die Großinvestoren liebten die Bahn. Und nicht nur die zu Wohlstand gekommene middle class, die ihre Einkünfte gern in das Schienengeschäft steckte. Sondern auch die Sozialisten: "Die Eisenbahnen werden in wunderbarer Weise für die Herrschaft wahrer brüderlicher sozialer Beziehungen wirken […], weil man gemeinsam reist, weil alle Klassen der Gesellschaft hier zusammenkommen", pries der französische Frühsozialist Constantin Pecqueur schon 1839 das neue Verkehrsmittel. "Es ist derselbe Zug, dieselbe Kraft, die Große und Kleine, Reiche und Arme befördert; daher werden die Eisenbahnen zum unermüdlichen Lehrmeister der Gleichheit und Brüderlichkeit werden." Pecqueur konnte nicht ahnen, dass die Bahn noch lange Zeit ein Abbild der Klassengesellschaft bleiben sollte: Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es selten weniger als drei Abteilklassen, in der langjährigen britischen Kolonie Indien sind es bis heute acht.
Der Staat hielt sich heraus. Das gesamte Bahnwesen des Vereinigten Königreichs wurde – mit einer kurzen Unterbrechung während des Ersten Weltkriegs – 123 Jahre lang privat betrieben. 1923 waren allerdings schon beinahe sämtliche Gesellschaften unter dem Dach der Big Four vereint worden, um ihnen Schutz vor der aufkommenden Automobilkonkurrenz zu bieten. Die Großen Vier waren die Great Western Railway, die London, Midland and Scottish Railway, die London and North Eastern Railway und die Southern Railway. Aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg, zum 1. Januar 1948, schuf die Labour-Regierung unter Premier Clement Attlee daraus eine Staatsbahn: British Rail. Allen war klar, dass, ähnlich wie beim Straßenbau, die großen, langfristigen Investitionen in den Zugverkehr von morgen nicht von privaten Unternehmen mit ihren kurzfristigen Rendite-Interessen geleistet werden konnten.
Doch der Autoboom bedrängte die Bahn weiter. "Volkswagens unanfechtbarer Erfolg in Europa – wird das Wolfsburger Wunder niemals enden?", kommentierte die Times im April 1963 mit Blick auf den VW Käfer, der in England immer häufiger verkauft wurde. Die Massenmobilisierung war in vollem Gange. Aber gleich anderen europäischen Bahngesellschaften gelang es British Rail als vertikal integriertem Staatskonzern mit eigenen Hotels, Schiffslinien und Cateringdiensten nicht, davon zu profitieren. Die Züge wurden leerer, die Straßen voller. Mitte der sechziger Jahre schon stand Großbritannien in der Auto-pro-Kopf-Statistik europaweit an dritter Stelle, hinter Schweden und Frankreich.
Die im Frühjahr 1963 erschienene Studie The Reshaping of British Railways förderte zutage, dass zu viele Verbindungen kaum genutzt und viele Bahnhöfe kaum noch gebraucht wurden. Der sogenannten "Beeching-Axt" – benannt nach dem ehemaligen Vorsitzenden der British Transport Commission Richard Beeching – fielen in den folgenden zehn Jahren etliche Bahnhöfe und Schienenstränge zum Opfer. Die Gleise im Güterverkehr wurden um 30 Prozent reduziert, die Frachtladestellen um 70 Prozent und die Hälfte der Rangierbahnhöfe geschlossen.
Lange Zeit hatte der Begriff "Verkehrsplanung" als unverbrüchliches Leitprinzip des Handelns gegolten. Gegen Ende der achtziger Jahre nun gewann die neoliberale Kernthese vom "Staatsversagen" auch auf diesem Feld der Politik immer mehr an Einfluss. Zwar konnte sich die konservative Premierministerin Margaret Thatcher, die – so wird kolportiert – während ihrer elfjährigen Amtszeit von 1979 bis 1990 nur ein einziges Mal mit der Bahn reiste, bloß zu einigen Teilprivatisierungen durchringen, wie dem Verkauf von 29 Eisenbahnhotels und den Hovercraft-Fähren über den Ärmelkanal. Doch ihr Parteigenosse und Amtsnachfolger John Major zog dann die Konsequenz: Zum 1. April 1994 wurde British Rail vollständig privatisiert. Das Datum bildet einen Meilenstein in der Geschichte neoliberaler Entstaatlichungspolitik – ganz im Einklang mit der später auch von New Labour geteilten Regierungsmaxime "The business of Government is not the government of business".
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Die Erwartungen waren enorm. Der 1993 von der Regierung vorgelegte Railways Act sah vor, die "verkrusteten Strukturen der Staatsbahn" aufzubrechen, und stellte in Aussicht, dass die Kraft des Wettbewerbs den Schienenverkehr beleben würde. Noch 2004 verteidigte John Major seine Politik: "Ich würde es wieder tun. Bei aller Nostalgie muss man erkennen, dass die Staatsbahn ein uneingeschränkter Fehlschlag war."
Aus dieser Überzeugung erwuchs eine Turboprivatisierung, die ihresgleichen sucht. Es gab 25 neue Betriebslizenzen, British Rail wurde in 106 Firmen zerlegt, die mehr als zweitausend Subunternehmen entstehen ließen. Auch die Schienenwege verkaufte man, sie gehörten jetzt der Aktiengesellschaft Railtrack, die sich von McKinsey beraten ließ. England wurde zum Vorreiter in Europa – Vorbild auch für die liberal-konservative Regierung unter Helmut Kohl (CDU) in Berlin, die ebenfalls im Jahr 1994 mit der Privatisierung der Deutschen Bahn begann.
Doch schon bald setzte auf der Insel Ernüchterung ein. Die neue Freiheit funktionierte nicht. "Der Wettbewerb wurde nicht stimuliert", resümierte der britische Publizist Christian Wolmar, Autor der Monografien Broken Rails (2001) und On the Wrong Line (2005). "Der Subventionsbedarf stieg, Privatinvestoren konnten ohne staatliche Geldzusagen nicht gewonnen werden, und die Fahrgäste profitierten keineswegs von dem in Aussicht gestellten Unternehmergeist."
Zwar stiegen die Fahrgastzahlen im Bahnverkehr von 1980 bis heute um rund 60 Prozent. Aber diese stolze Zahl ist weniger auf die belebende Kraft des Wettbewerbs zurückzuführen als auf die langjährige gute Wirtschaftsentwicklung des Königreichs insgesamt. So wuchs der Straßenverkehr im selben Zeitraum um fast 80 Prozent; die Zahl der Inlandsflüge verdreifachte sich sogar.
Nach der Privatisierung wird Bahnfahren zum Abenteuer
Tatsächlich wurde das Bahnfahren mühsam in England, denn die einzelnen Gesellschaften stimmten ihre Fahrpläne zunächst kaum aufeinander ab, die Tarifsysteme gerieten zu Labyrinthen. Und es wurde gefährlich: Immer wieder kam es auf den miserabel gewarteten Strecken zu Unfällen.
Das Unglück von Hatfield dann, bei dem am 17. Oktober 2000 auf der stark frequentierten Ostküstenstrecke von London nach Leeds vier Menschen getötet und 70 teils schwer verletzt wurden, bedeutete eine Zäsur. War es nach den Unfällen 1997 in Southall (7 Tote) und 1999 in Paddington (31 Tote) noch schwierig gewesen, einen Verantwortlichen eindeutig auszumachen, so gab es hier keinen Zweifel mehr: Das Unglück war eine direkte Folge der haarsträubenden Zustände, die sich in der schönen neuen Eisenbahnwelt Großbritanniens breitgemacht hatten. Obschon der für den Unfall ursächliche Riss am Schienenkopf über Monate hinweg bekannt gewesen war, wurde nichts repariert, da sich die Infrastrukturgesellschaft Railtrack, das mit der Wartung beauftragte Subunternehmen Balfour Beatty und die für Erneuerungsmaßnahmen zuständige Baugesellschaft Jarvis Fastline in immer neue Kompetenz- und Finanzstreitigkeiten verstrickten.
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Hinzu kam: Die Auswirkungen dieses Unglücks nahmen gar kein Ende mehr. Noch zwei Monate nach dem Crash waren trotz ständig wechselnder, jeweils an der Streckenführung und -beschaffenheit ausgerichteter Fahrpläne 55 Prozent der 18.000 täglich verkehrenden Reisezüge verspätet. Die Londoner Handelskammer schätzte, dass im letzten Quartal des Jahres 2000 als unmittelbare Folge des Bahnunglücks von Hatfield allein in der Hauptstadt 30 Millionen Arbeitsstunden ausfielen.
Was zu diesem Zeitpunkt allerdings niemanden mehr überraschte. Verspätungen waren normal geworden. 2005 zitierte die Times aus einer Studie der Liberaldemokraten, nach der sich die Gesamtsumme aller Verspätungen seit der Privatisierung auf 11.000 Jahre belief. Und das, obwohl viele Bahngesellschaften die Fahrtzeiten ihrer Züge ohnehin schon gestreckt hatten. Dieses sogenannte padding nahm die Sunday Times bereits 1998 zum Anlass, einmal genauer nachzurechnen. Sie fand etliche Strecken, auf denen die Reisezeiten 1898, also genau ein Jahrhundert zuvor, wesentlich kürzer waren, darunter so zentrale Verbindungen wie Nottingham–Liverpool, Portsmouth–Southampton und Stoke-on-Trent–Stafford.
Legendär wurden die Entschuldigungen der Gesellschaften für ihre Ausfälle. Mal war, wie der Zuglautsprecher oder die Bahnhofsansage verkündete, eine "falsche Art von Sonne" schuld, mal waren es "Blätter auf den Gleisen", mal "Schatten auf den Schienen", mal "spielende Kinder".
Vom Börsengang zum Bettelgang: Der Staat soll es richten
Die Bürger mieden die Bahn. Als unmittelbare Folge des Hatfield-Crashs sanken die Fahrgastzahlen um ein Viertel. Jetzt war wieder der Staat gefragt. Die Gesellschaften riefen nach Zuschüssen, um Insolvenzen abzuwenden. Dabei hatten die drei größten Leasinggesellschaften für Eisenbahnfahrzeuge zwischen 1996 und 1999 noch eine Eigenkapitalrendite von 24 Prozent pro Jahr erzielt.
"Vom Börsengang zum Bettelgang" lautete die Devise auch bei Railtrack. Im Zeitraum von 1996 bis 2001 waren noch Dividenden in Höhe von knapp 700 Millionen Pfund ausgezahlt worden. Dann aber musste die Labour-Regierung unter Premier Tony Blair eingreifen. Während die Betreibergesellschaften privat blieben und die großen Zugleasingfirmen heute in den Händen von Finanzhäusern sind (unter anderem der Deutschen Bank), verstaatlichte seine Regierung den Infrastrukturbetreiber de facto wieder. Aus Railtrack wurde Network Rail.
Gewaltige Investitionsrückstände waren aufzuholen. Aber obwohl der Staat seit 2002 etliche Milliarden ausgegeben hat und Fahrkarten so teuer sind wie nirgends sonst in Europa, beläuft sich das Defizit beim Aus-, Um- und Neubau (nach nicht einmal acht Jahren privater Misswirtschaft!) noch immer auf mehrere Milliarden Pfund.
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Das hat Auswirkungen bis in den Alltag hinein. Als am 23. Februar 2007 in der Grafschaft Cumbria unweit der Stadt Lambrigg eine defekte Weiche den Zug aus dem Gleis springen ließ – das Unglück forderte ein Todesopfer –, wurden die britischen Bahnfahrer wieder daran erinnert, wie sehr die Langzeitschäden nachwirken.
Historiker merken an, dass die Privatisierung von British Rail 1994 betriebswirtschaftlich keineswegs zwingend war. Noch im letzten Jahr vor der "Reform" hatte das Unternehmen 71 Prozent seiner Einnahmen aus Entgelten für Verkehrsleistungen erzielt – ein Wert, den in Europa nur die staatliche schwedische Gesellschaft Statens Järnvägar übertraf. Die fatalen Folgen der Privatisierungspolitik für die Bahn selbst waren allerdings rasch abzusehen gewesen. In der Abschlusserklärung einer Fachtagung, die im Oktober 2000 zur Untersuchung des Zugunglücks von Paddington stattfand, heißt es: "Die Privatisierung hat einen unvorstellbaren Kulturwandel hervorgerufen. Zwischen den einzelnen Institutionen und Unternehmen gibt es kaum noch Verständigung." Zudem verliere sich der Zusammenhalt unter den Berufsgruppen, unter "Lokführern, Signalwärtern, Reinigungskräften etc.". Das Arbeitsklima sei so schlecht wie nie. Kurz: Die Privatisierung zerstöre die zweihundertjährige englische Eisenbahn.
Deren Zustand bleibt ein großes Thema für die Briten – nicht zuletzt, weil sich hier beispielhaft zeigt, was in den achtziger und neunziger Jahren unter dem neoliberalen Anspruch, die Wirtschaft zu "reformieren", schiefgelaufen ist. Das Lied The Chathill Thunderbolt, das gegen die Schließung der dortigen Bahnverbindung nach Newcastle upon Tyne protestierte, gelangte ebenso zu landesweitem Ruhm wie das Theaterstück The permanent way des bekannten Dramatikers David Hare . Sarkastisch stellt Hare darin die Frage, warum Großbritannien auf eine funktionierende Bahn verzichten muss.
Es bleibt keine Zeit für eine Politik der Nostalgie. Nach dem rhythmischen Stampfen der alten großen Lokomotiven, dem Geruch von heißem Öl und den weithin wehenden Dampfwolken, nach dieser ganzen locomotion-Seligkeit des 19. Jahrhunderts sehnen sich auch im Mutterland der Eisenbahn allenfalls noch die "Trainspotter" zurück, jene harten Zugfans, die jede Lok und jeden Waggon kennen und fotografieren.
Nichts anderes als Nostalgie war es aber auch, mit der Privatisierung verkehrspolitisch ins 19. Jahrhundert zurückzukehren. Auch hier lässt sich das eiserne Rad nicht zurückdrehen. Eine moderne Bahn, auf die jedes Industrieland, nicht zuletzt unter den Vorzeichen eines beschleunigten Klimawandels, angewiesen ist, benötigt Sicherheiten und Perspektiven, welche die Privatwirtschaft allein kaum bieten kann. Dafür braucht es zwischen Brighton und Inverness wie überall keine selbstherrlichen Unternehmer, sondern selbstbewusste Bürger, die wissen, was des Marktes und was des Staates ist.
Der Autor lehrt als Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler an der Universität zu Köln. Mehr zum Thema findet sich in seinem Buch "Die Privatisierung der Deutschen Bahn" (VS Verlag, Wiesbaden 2008; 342 S., 24,90 Euro)
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